Was ist ein Riad?

Ein Wohnhaus in einer arabischen Medina ist nach außen meist wuchtig und fensterlos, es hat einen nach oben offenen Innenhof in der Mitte, zu dem die Zimmer ausgerichtet sind; einerseits wegen der Kühle, andererseits, um die Privatsphäre zu gewährleisten. Dieser Innenhof ist das bestimmende Element des islamischen Hauses. Er geht auf das alte orientalische Hofhaus zurück. In Nordafrika fanden die Muslime das römische Atriumhaus vor, das durch die Abschließung nach außen ganz dem islamischen Bedürfnis nach einem geschützten Familienleben entsprach. Die Fenster öffnen sich zu den Innenhöfen und nicht zur Straße; die Häuser konnten so wie Bienenwaben aneinandergebaut werden, als hätte sich der Gedanke der Stammesgemeinschaft auch im Stadtleben verwirklicht.

Ist dieser Innenhof etwas größer und bepflanzt, hat evtl. sogar einen Pool, dann wird das Haus Riad genannt, ist es jedoch nur ein gepflasterter Patio, auch mit einer Fontäne, dann heißt es Dar. Diese oft jahrhundertealten Riads und Dars waren sehr unterschiedlicher Ausstattung. Das einfache Haus einer Familie hatte etwa einen kleinen offenen Hof in der Mitte, vielleicht noch einen Springbrunnen wegen der Kühle, darum gruppierten sich auf zwei bis drei Stockwerken die Zimmer, im Erdgeschoss Küche und Salons, in den oberen Etagen die Schlafräume, das ganze war gekrönt von einer Dachterrasse, die im Sommer auch zum Schlafen genutzt werden konnte. Bei den Salons gab es einen Sommersalon, den B’hou. Er war an einer Seite offen und luftig, während der Winter­salon meist geschlos­sen war und einen offenen Kamin zum Heizen ent­hielt. Reiche Familien hatten richtige Paläste, mit großem Garten im Innenhof, baum­be­standen und mit blü­henden Blumen, und oft gab es sogar ein Schwimm­becken. Die einzel­nen Schlaf­räume wa­ren herrlich im maurischen Stil dekoriert, mit bemalten Holzdecken und gefliesten Wänden, hatten aber kein eigenes Badezimmer, dafür gab es im Haus eine private Hammam.

Und gerade diese Riads wurden seit Ende der 1990er zunehmend von Europäern aufgekauft, sehr schön restauriert und zum Gästehaus umfunktioniert. Allein in Marrakech gibt es heute über 1.000 Riads, die zur Übernachtung angeboten werden, und jedes hat seine eigene Note, seinen eigenen Charme. Diese Häuser sind natürlich nur klein, sie haben in der Regel drei bis acht Gästezimmer, aber oft wurden auch mehrere nebeneinander liegende Riads zu einem Haus zusammengefasst.

Die schwierigste Aufgabe bei der Renovierung und Umgestaltung war, die Schlafzimmer mit privaten Bädern zu versehen, da dies ja original nicht vorgesehen war. Vor allem wenn ein Riad noch sehr gut erhalten war, war es natürlich sehr schade, die wunderbaren Wandfliesen zu zerstören. Dennoch hat fast jedes Riad diese Herausforderung gemeistert und es gibt nur wenige Zimmer, die kein eigenes Bad haben, sondern ein Gemeinschaftsbad auf der Etage nutzen, meist das ehemalige Hammam. Und es sind wahre Wunderwerke an Badezimmern entstanden. Viele Riads weisen für jeden ihrer Schlafräume ein verschieden gestaltetes Bad auf. Das Zauberwort dabei heißt „Tadelakt“.

Luxus Riad mit Pool in Fes
Riad in Marrakech
Riad - Badezimmer
Dachterrasse mit Storchennest

Wie wohnt es sich in einem Riad?

Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass ein Riad kein richtiges Hotel ist. Es ist nun mal ein Privathaus mit allen Vor- und Nachteilen. Das bedeutet zum Beispiel, dass diese Häuser oft sehr hellhörig sind, laute Schnarcher oder schreiende Kinder können da schon sehr stören. Sehr häufig bleiben die großen Türen bzw. Fenster zum Innenhof am Tage offen stehen, weil es so schön aussieht. Viele Räume sind recht dunkel, weil die Fenster zur Straße fehlen, um die Sonnenhitze abzuhalten. Man bekommt auch meist keinen Hausschlüssel, sondern ist darauf angewiesen, dass einem jemand die Tür aufmacht, was nach einer durchbummelten Nacht morgens um 3 Uhr manchmal schwierig wird. Und ein Frühaufsteher muss warten, bis jemand kommt, der das Frühstück bereitet, und kann nicht einfach mal so zum nächsten Café gehen, weil er weder raus noch wieder hinein kommt. Das Frühstück ist meist viel besser als das Hotelfrühstück, mit einheimischen Köstlichkeiten wie Crèpes. Abendessen wird in den meisten Riads auf Wunsch zubereitet.

Da diese Häuser mitten in den engen Gassen der Medina liegen ist eine Anfahrt mit dem eigenen Wagen oder mit dem Taxi meist nicht möglich, das Gepäck wird dann auf kleinen Karren transportiert. Mit lauten Gebetsrufen von den zahlreichen Moscheen muss fast überall gerechnet werden. Und für Gehbehinderte und kleine Kinder sind Riads wegen der vielen Treppen nicht immer geeignet, einige nehmen Kleinkinder aus Sicherheitsgründen nicht auf (viele Treppen, unbeaufsichtigter Pool).

Während einerseits ganz klar definiert ist, was ein Riad ist, benutzen heute – da der Begriff so modisch ist, viele das Wort Riad irgendwie in ihrem Hotelnamen, auch wenn es überhaupt nichts damit zu tun. Und ganz besonders schlimm wird es, wenn alles in einen Topf geworfen wird. Also z.B. Riad Dar xy für ein Landhaus oder Kasbah Riad xy in einem Oasengarten.

Riad - Frühstück
Auf Wunsch wird ein Dinner zubereitet
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